Der Begriff Phänologie stammt aus dem Griechischen. Der ursprüngliche Begriff phainein bedeutet wörtlich übersetzt sichtbar machen. Die Phänologie ist somit die Lehre der Erscheinungen. Damit sind die periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen von Pflanzen und Tieren gemeint. Meistens stehen jedoch Pflanzen im Mittelpunkt der phänologischen Beobachtungen, da Tiere aufgrund ihrer Beweglichkeit schwerer zu beobachten sind.
In der Phänologie werden die Eintrittszeiten charakteristischer Erscheinungen, bei Pflanzen die charakteristischen Wachstumsstufen, beobachtet und in einem phänologischen Kalender festgehalten. Dazu gehören zum Beispiel der Beginn der Blüte oder der Blattentfaltung, die Reifung der Früchte oder die Blattverfärbung und der Blattfall. Der phänologische Kalender unterteilt das Jahr in physiologisch-biologisch begründete zehn Jahreszeiten und orientiert sich an charakteristischen Entwicklungsstadien typischer Pflanzen (phänologische Zeigerpflanzen) und am Verhalten der Tiere.
Quelle: https://www.phaenonet.ch/de/Was_ist_Phanologie/Das phänologische Beobachtungsnetz von MeteoSchweiz umfasst 170 Stationen. 26 verschiedene Pflanzenarten werden beobachtet, um die Vegetationsentwicklung zu beschreiben. Anhand dieser Informationen lassen sich die Auswirkungen des Klimawandels auf die Vegetation untersuchen.
Sämtliche Daten, die für die vorliegende Visualisierung eingesetzt wurden, sind auf dem Portal opendata.swiss öffentlich zugänglich. (Direkter Link zu den Phänologischen Daten)
Vielen Dank an an Barbara Pietragalla und Regula Gehrig für die Fotos!
Wohl nicht zuletzt aufgrund der menschlichen Begeisterung fürs Wetter und den Lauf der Jahreszeiten wird die Phänologie häufig auch als „Puls unseres Planeten“ bezeichnet (USA National Phenology Network, o. J.). Doch dieser Puls scheint sich in den letzten Jahrzehnten verändert zu haben. Ein wichtiges Gebiet der Phänologie befasst sich nämlich mit dem Einfluss des Klimas auf die jährlich wiederkehrenden Phänophasen. Und so scheint es, dass dessen jüngere Erwärmungstendenzen mit einem früheren Einsetzen der Vegetationsaktivität im Frühjahr (z.B. Blattentfaltung oder Blüte) in Verbindung gebracht werden. Ähnlich sieht es im Herbst aus, wo bestimmte biologische Ereignisse (z.B. Blattverfärbung oder Blattfall) scheinbar später beobachtet werden (Richardson et al., 2013).
Diese Veränderungen bzw. Verlagerungen phänologischer Merkmale werden derweil sowohl bei Kräutern und Gräsern als auch bei Sträuchern und Bäumen beobachtet. So kommt der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) zum Schluss, dass sich der Frühlingsbeginn seit 1970 um jeweils zwischen 2.3 und 5.2 Tagen pro Jahrzehnt vorverschoben hat (Parry & Intergovernmental Panel on Climate Change, 2007).
Der Einfluss der Veränderung des Klimas wirkt sich zudem in den höheren Breiten stärker aus als in den mittleren und niederen Breiten. So beginnt der Frühling auf der Nordhalbkugel für Gräser, Kräuter und Sträucher rund 1.1 Tage pro Jahrzehnt früher. Bei Bäumen gar um 3.3 Tage pro Jahrzehnt (Parry & Intergovernmental Panel on Climate Change, 2007). Gleichzeitig sind die Veränderungen der Phänologie regional sehr unterschiedlich. In Europa hat sich die Wachstumsperiode (Length of Growing Seasion, LOS) in der Periode von 2000 bis 2008 um rund 11.4 Tage verlängert. Diese Verlängerung kam aber hauptsächlich aufgrund von Verschiebungen im Herbst (End of Growing Season, EOS) um 8.2 Tage zustande. Der Frühling (Start of Growing Season, SOS) hat sich derweil „nur“ um 3.2 Tage verschoben. In anderen Gebieten auf der Nordhalbkugel ist die Veränderung der LOS wiederum hauptsächlich auf eine frühere SOS zurückzuführen (Jeong et al., 2011).
Schweizer Forscher haben zudem untersucht, wie sich die sogenannte Temperatursensitivität in den Jahren 1970-2020 verändert hat. Die Temperatursensitivität ist ein einfacher Indikator, der angibt, um wie viele Tage sich phänologische Ereignisse verschieben, wenn die Durchschnittstemperatur der „Vorsaison“ um 1°C ansteigt. Die Vorsaison umfasst dabei wiederum eine Zeitspanne von mehreren Wochen vor einem phänologischen Ereignis (z.B. Blattentfaltung). Die Forscher haben dabei beobachtet, dass die Temperatursensitivität mit zunehmender Höhenlage zunimmt und in Jahren mit warmen Frühlingen abnahm, jedoch nicht in Jahren mit warmen Wintern (Güsewell et al., 2017).
Wir werden nun untersuchen, ob sich die Ergebnisse aus der Forschung auch in unserer Visualisierung wiedererkennen lassen. Dafür werden wir im nächsten Abschnitt mehrere Hypothesen aufstellen.
In der Forschung wird das Klima oft über einen langjährigen Durschnitt beschrieben. Dabei gilt ein 30-jähriger Durchschnitt als sogenannter Normwert. Zudem koordiniert die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) weltweit 30-jährige Normperioden, damit klimatologische Aussagen aus verschiedenen Bereichen der Welt miteinander verglichen werden können (Klima-Normwerte - MeteoSchweiz, o. J.).
Unsere Visualisierung stellt für verschiedene Pflanzenarten und unterschiedliche Standorte (Messstationen) den Eintrittszeitpunkt bestimmter phänologischer Erscheinungen über mehrere Jahre hinweg dar. Um innerhalb der Visualisierung Werte miteinander vergleichen zu können wurde zudem für jede phänologische Erscheinung ein Durchschnittswert der (sofern vorhanden) letzten 30 Jahren berechnet und in Form einer Linie in der entsprechenden Farbe dargestellt. Dadurch schaffen wir eine Normperiode, die die verschiedenen Messungen vergleichbarer macht.
Meteo Schweiz hat für die Schweiz eine langjährige Entwicklung der Jahresmittel-Temperatur als Abweichung vom Mittel der Normperiode 1961-1990 visualisiert (Abbildung unten). Zusätzlich wurde die Normperiode von 1981-2010 als gestrichelte Linie dargestellt (Klima-Normwerte - MeteoSchweiz, o. J.). Die darin dargestellten Werte dienen uns als Indiz dafür, wann sich die phänologischen Phasen verschoben haben könnten. Daraus mehr als Indiz abzuleiten ist wohl aber aufgrund regionaler Unterschiede sowohl im Klima als auch in den Phänophasen nicht ideal. Im Rahmen unserer Visualisierung untersuchen wir entsprechend vier Hypothesen:
Da es uns im Rahmen dieses Projektes nicht möglich ist für jede Messstation jede einzelne Pflanzenart zu untersuchen werden wir uns für die Analyse der Visualisierung auf drei Messstationen konzentrieren, die über grosse Datenmengen verfügen. Darunter fallen die Stationen Murg (500 M.ü.M), Zürich-Witikon (620 M.ü.M.) und Adelboden (1350 M.ü.M.). Diese Auswahl ermöglicht es uns zusätzlich einen einfachen Vergleich zwischen verschiedenen Höhenlagen vorzunehmen. Für jede dieser Stationen wird eine visuelle Auswertung aller erfassten Pflanzenarten vorgenommen. Dabei werden die letzten 5-10 Jahre untersucht und jeweils notiert ob sich:
Murg | Start of Growing Season (SOS) | End of Growing Season (EOS) | Length of Growing Season (LOS) |
---|---|---|---|
Apfelbaum | Gleichbleibend | k.a. | - |
Bergahorn | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Birnbaum | Eher früher | k.a. | - |
Buche | Gleichbleibend | Eher später | Eher länger |
Buschwindröschen | Gleichbleibend | k.a. | - |
Edelkastanie | Eher früher | Gleichbleibend | Eher länger |
Fichte | Gleichbleibend | k.a. | - |
Gewöhnlicher Löwenzahn | Gleichbleibend | k.a. | - |
Hängebirke | Eher früher | Gleichbleibend | Eher länger |
Haselstrauch | Früher | k.a. | - |
Herbstzeitlose | Gleichbleibend | k.a. | - |
Heuernte | - | - | - |
Huflattich | Gleichbleibend | k.a. | - |
Kirschbaum | Eher früher | k.a. | - |
Lärche | Gleichbleibend | Eher später | Eher länger |
Robinie | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Rosskastanie | Gleichbleibend | Eher früher | Eher kürzer |
Roter Holunder | Eher früher | k.a. | - |
Schwarzer Holunder | Eher früher | k.a. | - |
Sommerlinde | Eher früher | Gleichbleibend | Eher länger |
Vogelbeere | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Wald-Weidenröschen | Gleichbleibend | k.a. | - |
Weinrebe | Eher früher | Eher früher | Gleichbleibend |
Wiesen-Knaulgras | Gleichbleibend | k.a. | - |
Wiesen-Margerite | Eher früher | k.a. | - |
Wiesenschaumkraut | Eher früher | k.a. | - |
Winterlinde | Eher früher | Gleichbleibend | Eher länger |
Die Messstation Murg befindet sich am südlichen Ufer des Walensees auf einer Höhe von 500 M.ü.M. im Kanton St. Gallen. Diese Station verfügt in unserem Datensatz global über die meisten Datenpunkte. Die Analyse der Visualisierung lässt vermuten, dass sich das steigende Klima in den letzten Jahren tatsächlich auf die phänologischen Erscheinungen einiger Pflanzenarten ausgewirkt hat. So lässt sich beispielsweise beobachten, dass sich der SOS bei vielen Pflanzenarten tendenziell früher eintritt. Ebenso viele Pflanzen weisen diesbezüglich jedoch keine erkennbare Verschiebung auf. Beim Haselstrauch scheint diese Veränderung am signifikantesten zu sein. So traten bei ihm der Beginn der Blüte sowie die Blüte selbst in den Jahren 2007, 2008, 2011, 2014, 2016 und 2018 mehr als 25 Tage früher ein, als im Mittel der letzten 30 Jahren. An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Hasel um eine Pflanze handelt, die ihre Blütezeit noch vor dem Laubaustrieb durchlebt. Sie ist somit jährlich eine der ersten Pflanzen, die in die Blütenphase eintritt. Hinsichtlich der EOS sind für die Messstation Murg vergleichbar wenig Daten vorhanden. Daher sind auch die die Ergebnisse nicht ganz so deutlich. Grundsätzlich tendiert die EOS teilweise entgegen unserer Hypothesen gar eher früher einzutreffen. Eine Veränderung der LOS kann wiederum nur analysiert werden, wenn sowohl für die SOS als auch die EOS genügend Daten vorhanden sind. Dennoch fällt auf, dass auch hier das Klima teilweise einen Einfluss haben könnte und dadurch zu einer längeren LOS führt. Markante Unterschiede zwischen Bäumen und Sträuchern, Kräutern und Gräsern lassen sich wiederum keine entdecken.
Zürich-Witikon | Start of Growing Season (SOS) | End of Growing Season (EOS) | Length of Growing Season (LOS) |
---|---|---|---|
Apfelbaum | Eher früher | k.a. | - |
Bergahorn | Gleichbleibend | Eher früher | Eher kürzer |
Birnbaum | Eher früher | k.a. | - |
Buche | Eher früher | Gleichbleibend | Eher länger |
Buschwindröschen | Gleichbleibend | k.a. | - |
Edelkastanie | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Fichte | Gleichbleibend | k.a. | - |
Gewöhnlicher Löwenzahn | Gleichbleibend | k.a. | - |
Hängebirke | Eher früher | Eher früher | Gleichbleibend |
Haselstrauch | Früher | k.a. | - |
Herbstzeitlose | Gleichbleibend | k.a. | - |
Heuernte | - | - | - |
Huflattich | Gleichbleibend | k.a. | - |
Kirschbaum | Gleichbleibend | k.a. | - |
Lärche | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Robinie | Gleichbleibend | Eher früher | Eher kürzer |
Rosskastanie | Eher früher | Eher früher | Gleichbleibend |
Roter Holunder | Gleichbleibend | k.a. | - |
Schwarzer Holunder | Gleichbleibend | k.a. | - |
Sommerlinde | Eher früher | Gleichbleibend | Eher länger |
Vogelbeere | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Wald-Weidenröschen | Gleichbleibend | k.a. | - |
Weinrebe | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Wiesen-Knaulgras | Gleichbleibend | k.a. | - |
Wiesen-Margerite | Gleichbleibend | k.a. | - |
Wiesenschaumkraut | Gleichbleibend | k.a. | - |
Winterlinde | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Die Messstation Zürich-Witikon befindet sich auf einer Höhe von 620 M.ü.M. im Kanton Zürich. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der Messstation Murg sind diejenigen der Station Zürich-Witikon nicht ganz so deutlich. Die SOS scheint zwar ebenfalls bei manchen Pflanzen in den letzten Jahren tendenziell früher aufzutreten, doch ist dies bei vergleichsweise weniger Arten der Fall. Wiederum fällt auf, dass v.a. beim Haselstrauch der Zeitpunkt der Blüte zusehends früher im Jahr stattfindet. Die darauffolgende Blattentfaltung scheint derweil konstant im Bereich des Mittels der letzten 30 Jahre zu bleiben. Ähnlich wie bei der Station Murg, scheint es auch in Zürich-Witikon kein Indiz dafür zu geben, dass sich die EOS auf einen späteren Zeitpunkt im Jahr verschiebt. Oft ist gar das Gegenteil der Fall, nämlich, dass die EOS tendenziell früher einsetzt. Entsprechend heterogen sind die Ergebnisse bzgl. der LOS. Bei letzterer lässt sich keine prinzipielle Tendenz erkennen. Einen Unterschied zwischen Bäumen und Sträuchern, Kräutern und Gräsern lässt sich insofern erkennen, dass der Haselstrauch die einzige Pflanzenart ist, die nicht zu den Bäumen gehört, bei der eine Verschiebung der phänologischen Phasen festgestellt werden kann.
Adelboden | Start of Growing Season (SOS) | End of Growing Season (EOS) | Length of Growing Season (LOS) |
---|---|---|---|
Apfelbaum | Eher früher | k.a. | - |
Bergahorn | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Birnbaum | k.a. | k.a. | - |
Buche | Eher früher | Später | Länger |
Buschwindröschen | Eher später | k.a. | - |
Edelkastanie | k.a. | k.a. | - |
Fichte | Gleichbleibend | k.a. | - |
Gewöhnlicher Löwenzahn | Gleichbleibend | k.a. | - |
Hängebirke | Gleichbleibend | Eher später | Eher länger |
Haselstrauch | Unterschiedlich | k.a. | - |
Herbstzeitlose | Gleichbleibend | k.a. | - |
Heuernte | - | - | - |
Huflattich | Gleichbleibend | k.a. | - |
Kirschbaum | Eher früher | k.a. | - |
Lärche | Eher früher | Eher später | Eher länger |
Robinie | k.a. | k.a. | - |
Rosskastanie | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Roter Holunder | Eher früher | k.a. | - |
Schwarzer Holunder | Gleichbleibend | k.a. | - |
Sommerlinde | Gleichbleibend | Eher später | Eher länger |
Vogelbeere | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Wald-Weidenröschen | Gleichbleibend | k.a. | - |
Weinrebe | k.a. | k.a. | - |
Wiesen-Knaulgras | Gleichbleibend | k.a. | - |
Wiesen-Margerite | Gleichbleibend | k.a. | - |
Wiesenschaumkraut | Gleichbleibend | k.a. | - |
Winterlinde | Gleichbleibend | Gleichbleibend | Gleichbleibend |
Mit einer Höhe von 1350 M.ü.M. ist das bernische Adelboden die am höchsten gelegene Messstation unserer Auswahl. Auch in Adelboden können vereinzelt Trends festgestellt werden, die die Vermutung zulassen, dass sich ein steigendes Klima bei manchen Pflanzen auf eine frühere SOS auswirkt. Bis auf das Buschwindröschen sind die Tendenzen nämlich gleichbleibend oder eher früher. Der Haselstrauch bildet wieder eine Ausnahme. Bei der Hasel kann nämlich beobachtet werden, dass die Blüte zwar eher später als im Mittel der letzten 30 Jahre stattfindet, die darauffolgende Blattentfaltung jedoch wiederum eher früher beginnt. Im Gegensatz zu den vorangehenden Messstationen zeichnen sich in Adelboden zudem bei der EOS Verschiebungen nach hinten ab. So wird bei mehreren Baumarten beobachtet, dass die EOS tendenziell später eintrifft. Entsprechend ist die LOS grundsätzlich gleichbleibend oder länger. Unterschiede zwischen Bäumen und Sträuchern, Kräutern und Gräsern lassen sich derweil nur erahnen. Es scheint zwar, dass Bäume eher Verschiebungen ihrer Phänophasen erfahren, aber es gibt auch Sträucher (z.B. der Rote Holunder), die ähnliche Veränderungen durchgehen.
Die Analyse der drei Messtationen in Murg, Zürich-Witikon und Adelboden hat grösstenteils keine eindeutigen Ergebnisse hervorgebracht. H1 konnte jedoch teilweise bestätigt werden. Tatsächlich scheint es, dass manche Pflanzenarten tendenziell früher mit der Blattentfaltung und Blüte beginnen, als das noch vor mehreren Jahrzehnten der Fall war. H2 fand wiederum kaum halt in der Visualisierung. So scheint oft eher das Gegenteil der Fall zu sein, nämlich dass bei einzelnen Pflanzenarten die Blattverfärbung und der Blattfall tendenziell früher im Jahr eintrifft. H3 scheint in Murg und in Adelboden eher zuzutreffen als in Zürich-Witikon. Bei der letzteren Messstation scheint es in den letzten Jahren nämlich je nach Pflanzenart sowohl tendenziell längere als auch tendenziell kürzere Wachstumsphasen zu geben. H4 wurde schliesslich zumindest nicht wiederlegt. Es scheint zwar, dass einzelne Bäume bei gewissen Messstationen stärkere Veränderungen der Phänophasen durchlebt haben als Sträucher, Kräuter und Gräser, diese Erkenntnis ist aber kaum signifikant.
Tatsächlich lassen sich in unserer Visualisierung gewisse Tendenzen von Veränderungen und Verschiebungen der Phänophasen unterschiedlicher Pflanzenarten erkennen. Die visuelle Interpretation der Visualisierung ist jedoch unpräzise und dadurch gefährlich, da Durchschnitte und Signifikanzen etc. oft kaum von Auge erkennbar sind. Um stichfeste Ergebnisse präsentieren zu können wären deshalb wissenschaftliche Analysen und Berechnungen nötig. Die Ergebnisse der Interpretation sind daher mit Vorsicht zu geniessen.
Grundsätzlich eignet sich die Visualisierung weniger für wissenschaftliche Auswertungen als vielmehr für spielerische Untersuchungen. Die Visualisierung könnte dennoch als Ausgangspunkt mancher Hypothesen dienen. So lassen sich mithilfe der Visualisierung Auffälligkeiten entdecken und gewisse Tendenzen aus den Daten erahnen, die in wissenschaftlichen Untersuchungen überprüft werden können. Die Visualisierung dient schliesslich dazu unsichtbares aus den Daten für den Menschen sichtbar zu machen.
Wir würden uns freuen, wenn einzelne Aspekte der Visualisierung phänologischer Phasen Schweizer Pflanzenarten jemanden dazu inspirieren würde vertiefte Untersuchungen zu bestimmten Auffälligkeiten durchzuführen. Zudem könnte die Applikation um weitere interessante Daten (z.B. Durchschnittstemperaturen) ergänzt werden, um dadurch mithilfe von Vergleichswerten aussagekräftigere Erkenntnisse zu gewinnen.
Güsewell, S., Furrer, R., Gehrig, R., & Pietragalla, B. (2017). Changes in temperature sensitivity of spring phenology with recent climate warming in Switzerland are related to shifts of the preseason. Global Change Biology, 23(12), 5189–5202. https://doi.org/10.1111/gcb.13781
Jeong, S.-J., Ho, C.-H., Gim, H.-J., & Brown, M. E. (2011). Phenology shifts at start vs. End of growing season in temperate vegetation over the Northern Hemisphere for the period 1982–2008. Global Change Biology, 17(7), 2385–2399. https://doi.org/10.1111/j.1365-2486.2011.02397.x
Klima-Normwerte - MeteoSchweiz. (2019, August 1). https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/klima/klima-der-schweiz/klima-normwerte.html
Parry, M. L., & Intergovernmental Panel on Climate Change (Hrsg.). (2007). Climate change 2007: Impacts, adaptation and vulnerability: contribution of Working Group II to the fourth assessment report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge University Press.
Richardson, A. D., Keenan, T. F., Migliavacca, M., Ryu, Y., Sonnentag, O., & Toomey, M. (2013). Climate change, phenology, and phenological control of vegetation feedbacks to the climate system. Agricultural and Forest Meteorology, 169, 156–173. https://doi.org/10.1016/j.agrformet.2012.09.012
USA National Phenology Network. (o. J.). Abgerufen 20. Mai 2020, von https://www.usanpn.org/
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